Last Updated on 16. Juli 2024 by Gela
Wir lieben Klettern! Deshalb war der erste Ausflug in einen Kletterwald mit Kindern nur eine Frage der Zeit. Für unsere doppelte Kletterwald-Premiere haben wir den Kletterwald Darss an der Ostsee ausgewählt. Ein Erfahrungsbericht
Das erste Mal Kletterwald mit Kind
Egal ob auf Bäume, Felsen oder im Kletterwald: Wir finden es einfach extrem erhebend, etwas Abstand zwischen uns und den Boden zu bringen. Deshalb haben wir uns beide wie Bolle auf den ersten Besuch im Kletterwald gefreut.
Der Kletterwald Darss gehört zum Gut Darss im Ort Born auf der Halbinsel Fischland-Darss-Zingst. Es gibt dort extra zwei Kletterparcours für Anfänger wie uns. Bevor es losgehen kann, muss ich unterschreiben, dass ich die AGBs kenne und einhalte. Das heißt auch, dass ich alle Risiken selbst trage. Aber wahrscheinlich ist das bei Kletterwäldern üblich.
Seit langem schon will ich mal einen Kletterwald ausprobieren. Mit sechs Jahren ist mein Sohn alt – und auch körperlich groß – genug, um selbst mit zu klettern. 35 Euro kostet der Spaß für uns beide. Drei Stunden dürfen wir dafür klettern. Die Zeit kosten wir voll aus.
Klettern mit Kindern – die Theorie
Beim Anlegen der Sicherungsgurte bekommen wir Hilfe und anschließend eine Einweisung. Die Smart Belays – so heißen die speziellen Karabinerhaken – sind so gesichert, dass nie beide gleichzeitig aufgehen. Wenn ich einen umhänge, muss der erst wieder geschlossen sein, bevor sich der andere öffnen lässt. Kommen wir auf ein Podest, müssen wir uns erst am Baumseil einhängen, bevor wir uns bei der nächsten Übung einhängen. In einer Übung darf immer nur einer eingehängt sein. Soviel zur Theorie. Für Sicherheit scheint im Kletterwald mit Kindern jedenfalls gesorgt.
Dann die Praxis: Der Sohn muss richtig toll an den Smart Belays ziehen, damit sie sich schließen. Bei der Einweisung tut er sich damit noch schwer, doch schon an der dritten Station hat der den Trick raus. Es gibt zwei leichte Parcours, die nicht sehr hoch über dem Boden sind. Wir steigen über ein Kletternetz hoch. Das ist für mich schwieriger als für den Sohn, weil der das oft auf dem Spielplatz übt. Ich wackle ordentlich dabei, ziehe mich aber noch halbwegs elegant auf der Affäre.
Klettern mit Kindern – das Training
Die ersten beiden Übungen flutschen. Alles läuft wie am Schnürchen. Sicher und geschickt klettert mein Sohn von einem Baum zum nächsten, ich hinterher. Und wir haben beide Spaß daran. Doch dann geht nichts mehr. Die dritte Übung heißt Fender Walk. Die Herausforderung: Balancieren auf einem Drahtseil, zum Festhalten gibt es nur herabhängende Seile und Fender. Erst traut sich das Kind gar nicht. Dann kehrt es beim ersten Fender wieder um. Ich stehe auf dem Podest dahinter und mache eine fremdartige Erfahrung: Ich kann meinem Kind nicht helfen. Das muss es allein schaffen. Vorerst hat den Junior der Mut verlassen, Ich rede ihm gut zu. Es dauert lang, bis er es wieder wagt. Diesmal kommt er bis zur Mitte, als er wieder umkehren will. „Geh weiter, Du hast es schon fast geschafft“, rufe ich schnell, und tatsächlich ist er Sekunden später sicher am nächsten Baum angekommen.
Ab diesem Moment komme ich kaum mehr hinterher. Behände hangelt sich mein Kind über Hängebrücken mit Bohlen in riesigem Abstand. Wo die Entfernungen zu weit für seine Beine sind, tritt er einfach auf das Drahtseil, das die Trittelemente verbindet. Ratzfatz sind wir durch den ersten Parcours hindurch. Der Junior ist etwas enttäuscht, dass er am Ende nicht mit der „Seilbahn“ hinabfahren kann. Der Flying Fox ist definitiv das Highlight im Kletterwald mit Kindern.
Wir nehmen uns den zweiten leichten Parcours vor. Wieder geht’s los mit einem Kletternetz, diesmal etwas steiler. Wir überqueren eine Hängebrücke, kriechen durch eine wackelige Röhre und balancieren an einem Ast-Geländer über ein Drahtseil. Dann laufen wir über wie Schaukeln aufgehängte Trittbretter in Fischform. Auch das klappt ohne Probleme, und am Ende gibt es einen kleinen Flying Fox.
Kletterwald mit Kindern – die Praxis
Der unterwegsmitkind-Sohn will aber den großen Flying Fox. Außerdem hat er von unten gesehen, dass man sich auf einem Surfbrett von einem zum nächsten Baum ziehen kann. Doch dazu müssen wir jetzt hoch. Oben sind wir sicher und schnell. Von der bestimmt acht Meter hohen Plattform starten drei Parcours. Der mit dem Surfbrett führt zunächst wieder über Fische an schaukelnden Seilen. Der Sohn zögert. Wir hängen uns in eine andere Übung ein, die leichter sein soll. Doch der Sohn zögert wieder. Er müsste auf einem Seil balancieren und sich dabei an herabhängenden Seilen festhalten. Das will er auch nicht. Also doch Fische. Es geht tief hinunter. Aber als der erste Schritt getan ist, wirkt der Rest wie ein Kinderspiel.
Kurz meldet sich eine leise Erinnerung: Hatte ich nicht früher mal Höhenangst? Doch ich bin viel zu konzentriert auf den Sohn, um mehr Gedanken auf die Höhenangst zu verschwenden. Der ist nämlich ganz plötzlich schon am Start zum Surfbrett und weigert sich, auf die Baumstümpfe zu steigen, die extra aufgestellt sind, damit kleinere Kinder an die Seile herankommen, um sich zu sichern. Er hängt also immer noch in der Fische-Übung, während ich schon hinüber laufe.
Das Surfbrett muss erst einmal herangezogen werden. Das ist Schwerstarbeit für meine Arme. Dann setzt der Sohn sich drauf und ich ziehe ihn hinüber. Danach das Ganze nochmal: Surfbrett heranziehen, mich selbst hinüber ziehen. Ich spüre jeden Muskel von den Händen bis zu den Schultern.
Und dann streikt der Sohn. Die Übung vor uns bedeutet wieder: Auf einem Drahtseil balancieren und sich auf einer Seite mit den Händen von Strickleiter zu Strickleiter angeln, wobei die Leitern auch unten am Drahtseil befestigt sind. Es geht einfach nicht. Von den Betreuern unten kommt der Tipp, dass er sich an seinem Smart Belay festhalten soll, weil er dann viel festeren Halt hat. Doch auch das geht nicht. Uns beide zusammen wieder auf dem Surfbrett zurückzuziehen, das gegen die normale Richtung auch noch leicht bergauf läuft, traue ich meinen müden, untrainierten Armen nicht zu.
Der Betreuer fragt, ob er den Sohn mit der Seilwinde hinunter holen soll. Der sagt ja. Also steigt der Mann eine endlose wacklige Aluleiter hoch und seilt den Sohn ab. Der sitzt in diesem Moment ganz artig in seinen Sicherungsgurten. Ich darf den Parcours noch zu Ende klettern – und werde dabei von einem Zehnjährigen überholt. Zum Glück stehe ich da drüber 😉 Am Ende genieße ich den Flying Fox aber sogar freihändig. Der unterwegsmitkind-Sohn macht danach noch zweimal den leichten Parcours mit Flying Fox, bis unsere drei Stunden Kletterzeit vorbei sind.
Rückblickend bin ich froh, dass wir unsere Kletterwald-Premiere nicht in Berlin hingelegt haben. Denn dort wäre sicher viel mehr Menschenandrang gewesen. Auf dem Darss konnten wir uns Zeit lassen, um unsere Ängste zu überwinden. Und die Betreuer dort waren wirklich nett und hilfsbereit und kein bisschen genervt. Wahrscheinlich haben die sich sogar gefreut, dass sie etwas zu tun haben, während die Berliner fast sicher gemotzt hätten. Nochmal? Warum nicht.
Mehr über den Kletterwald Darss: http://kletterwald-darss.de
Mehr über Fischland-Darss-Zingst: Ostsee mit Kind: Das Darss-Abc, Eine Halbinsel voller Abenteuer
Das erste Mal … – weitere Teile der Serie
- Das erste Mal Rafting mit Kind
- Das erste Mal allein reisen mit Baby
- Das erste Mal Segeln mit Kind
- Das erste Mal Zelten mit Kind
- Das erste Mal Fernreise mit Kleinkind
Wart ihr auch schon mit Kindern im Kletterwald? Wie waren eure Erfahrungen?
Wir mögen Kletterwälder auch, seltsamerweise selbst ich mit meiner ausgeprägten Höhenangst, die ich auf jedem Aussichtsturm feuchte Handflächen kriege. Aber zu diesen Sicherungsseilen habe ich irgendwie Vertrauen. 🙂
Wir kennen die Kletterwälder in Kühlungsborn (toll, aber sehr teuer, und dazu kommen noch mal exorbitante Parkgebühren), in Herford (nicht im Wald, sondern an schattenlosen Pfählen, nicht so der Brüller), und im slowakischen Trencin (total gut, und mit 24 Euro für zwei Kinder und einen Erwachsenen auch deutlich günstiger als zu Hause).
Liebe Lena,
wir haben jetzt gerade den zweiten ausprobiert. Das war in Kärnten (Österreich). Dort hat es für einen Erwachsenen allein 24 Euro gekostet und fürs Kind 16 Euro, und dabei war der Sicherheitsstandard lange nicht so gut wie am Darß. Das in der Slowakei klingt ja wirklich sehr günstig! Toller Tipp! Danke!
Liebe Grüße
Gela
Wir waren schon desöfteren im Kletterwald, und unsere Kinder finden das immer ganz großartig. In Bayern haben wir unsere erste Kletterwalderfahrung gemacht, damals war der Sohn 6 Jahre alt, die Tochter nur 3.5. Sie durfte auch noch nicht richtig mitmachen.
In Österreich waren die Altersanforderungen höher, man musste mindestens 8 sein, so dass die Tochter dieses Jahr dort endlich mitklettern durfte. Meine Erfahrung ist auch, dass man sich als Erwachsener bei manchen Stationen schwerer tut als die Kinder. Und ganz billig ist es ja auch nicht immer – aber Spaß macht’s – keine Frage!
LG
Hartmut