Last Updated on 18. Februar 2020 by Gela
„15 Mangos 1 Dollar! 15 Mangos 1 Dollar! 15 Mangos 1 Dollar!“ Wahrscheinlich träume ich heute Nacht von dem Marktgeschrei, das ganz Guamote durchdringt und an jeder Ecke wieder ertönt. Wie ein Mantra ruft es der Fahrer des Pick-Ups tonlos immer wieder ins Mikrofon. Ein Wunder, wie er mit dem Wagen überhaupt durch die überfüllten Straßen der von Indigenen bewohnten Kleinstadt hoch oben im Paramo südlich von Riobamba im Zentralen Hochland Ecuadors hindurchkommt. Selbst zu Fuß ist der Weg beschwerlich, wenn man wie wir ein Ziel hat und sich nicht einfach nur durch den wunderbunten Markt treiben lässt.
Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Sohn auch nicht. Am Tag zuvor haben wir uns die Straßen von Guamote nur mit ein paar Hunden geteilt. Doch immer am Donnerstag hält der Zug, der Quito mit der Küste verbindet, in Guamote. Dann strömen alle aus den umliegenden Dörfern zum traditionellen Markt.
Die meisten Frauen tragen die traditionelle Tracht der Indigenen mit Hut. Einige Männer haben dicke Hosen aus Lammfell an. Sie führen Schweine und Schafe durch die Straßen. Die Alten beiderlei Geschlechts beweisen beim Lächeln Mut zur Lücke. Solange ich nicht fotografiere, begegnen uns die meisten Menschen mit der gleichen freundlichen Neugier wie wir ihnen. Denn der Sohn ist mit seinen roten Haaren hier eine echte Sehenswürdigkeit. Manche bezeichnen ihn als „Sohn der Sonne“. Im ehemals sonnenanbetendem Südamerika lasse ich das als Kompliment gelten.
Wir sind zu Gast im belgischen Projekt Intisisa, das Bildung und Arbeit für Indigena-Familien schaffen will. Aus Spenden und aus dem gut gebuchten Hotel, in dem auch wir übernachten, finanziert es unter anderem Näh- und Computerkurse, eine Schule und den Kindergarten, den wir am Morgen besuchen. Dort treffen wir Alexis, der vor einer Woche vier Jahre alt geworden ist. Ihn begleiten wir bis in den Nachmittag hinein. Zum Mittagessen lädt Mama Maria uns nach Hause ein. Ein Zuhause, wie es in Deutschland kaum vorstellbar ist. In diesem Haus und Hof ist Ecuador ein Drittweltland. In einem langgestreckten Raum, der als Wohnzimmer dient, setze ich mich auf eine durchgesessene Polsterbank. Eine Bettdecke dient als Ersatzpolster. Alexis flätzt sich neben mich auf einen Gartenstuhl aus Plastik. Das Sammelsurium an Sitzgelegenheiten umfasst außerdem einen Holzsessel, einen Polstersessel und einen gewöhnlichen Stuhl. Alle sind um einen flachen kleinen Tisch gruppiert.
Zur Feier des Tages gibt es Habas con Queso – Alexis‘ Lieblingsessen und ein traditionelles Festmahl. Habas sind große grüne Bohnen, dazu essen wir weichen, wässrigen, schneeweißen Käse und Aji – eine würzige Soße aus Knoblauch, Zwiebeln, Tomaten und Koriander. Besteck liegt nicht auf dem Tisch. Gegessen wird mit den Fingern. Alexis schmeckts sichtlich. Der Sohn rührt nichts an, entdeckt stattdessen den Hof als Abenteuerspielplatz. Nachmittags hat er dennoch Durchfall. Wir kaufen Bananen auf dem Markt. 6 Stück für 50 Cent. Das war wahrscheinlich der Kleinstmengen-Touristen-Preis.
[…] Unterwegs mit Kind: Sehenswürdigkeiten auf Beinen […]
Hi Ho! Welch schöne Berichte aus diesem Hochland-Od. Hört sich so gemütlich an und jetzt weiss ich, wo ich meine nächste Mango-Diät mache!! Liebe Grüße aus winterly munic. Oli