Last Updated on 11. September 2017 by Gela
Wer von Berlin aus in die Berge will, muss entweder knapp 1000 Kilometer bis zu den Alpen zurücklegen oder sich mit einem Mittelgebirge zufrieden geben. Das Fichtelgebirge ist im Sommer nicht die schlechteste Wahl für aktive Familien. Es bietet eine Menge kindertauglicher Wanderungen und Radtouren. Einen hohen Spaßfaktor garantieren die drei F: Felsen, Felder und Feste.
F wie Felsenlabyrinth
Als größtes Felsenlabyrinth Europas bezeichnet sich das Felsenlabyrinth auf der Luisenburg bei Wunsiedel. Kinder bis 6 Jahre dürfen kostenlos klettern und kriechen. Auf gut gepflegten Wegen geht es Felsstufen rauf und runter durch Felsenhöhlen hindurch, in denen die Eltern mit dem dicken Rucksack schon mal stecken bleiben können, während die Kleinen wendig und schnell hindurch sind.
Der Sohn hatte einen Riesenspaß und konnte nach der ersten Höhle die nächste kaum erwarten. „Komm schon Mama“, tönte es von irgendwo weiter vorne. Die Mama freute sich anfangs, dass sie endlich mal wieder in zügigem Tempo wandern kann – und musste dann schnell feststellen, wie sehr sie aus der Übung ist. Rund zwei Kilometer geht es durch Höhlen über Felsstufen auf Felstürme mit herrlichem Blick auf die beiden höchsten Gipfel des Fichtelgebirges, Schneeberg und Ochsenkopf und die Kreisstadt Wunsiedel. Wer mag und genug Kondition mitbringt, kann dem Kletterspaß im Felsenlabyrinth 3,5 Kilometer durch stillen Wald mit noch mehr Felstürmen zur Kösseine weiterwandern. Die Hütte mit Weitblick ist stets gut besucht. Neben schmackhafter Hausmannskost bietet sie auch Übernachtungsmöglichkeiten (für Übernachtungen unbedingt reservieren!).
Mit einer anderen Attraktion wartet die Luisenburg auf. Am Eingang zum Felsenlabyrinth wird auf einer Naturbühne Theater gespielt. Das Programm umfasst unter anderem auch immer ein Kindertheaterstück (aktuell: Der kleine Wikinger). Das Kindertheaterstück wird meist vormittags gespielt. Im Anschluss gibt es eine Stunde theaterpädagogisches Spiel im Felsenlabyrinth für Kinder ab Schulalter.
Insidertipp: Abends lohnt sich ein Drink in der „Ewigen Baustelle“ in Wunsiedel. In der stilvoll eingerichteten Kneipe in mehreren Gewölben kehrt auch die Theatertruppe der Luisenburg gern ein, der immer einige bekannte Fernsehschauspieler angehören.
F wie Felder
Die Mama ist eine Liebhaberin wilder Naturlandschaften. Sie mag am liebsten Wälder ohne Forstwirtschaft, Wiesen ohne Landwirtschaft und Gipfel ohne Gastwirtschaft. Das Fichtelgebirge kennt so etwas mit wenigen Ausnahmen kaum. Der Landstrich in Oberfranken ist quasi restlos erschlossen. Selbst am stillsten Gipfel findet sich noch ein Steinbruch als Zeichen der Zivilisation.
Der Sohn liebt die Landwirtschaft. Ein Besuch auf dem Bauernhof ist im Fichtelgebirge deshalb Pflicht. Will die Mama spazieren gehen, hat sie es leicht. Sie muss nur damit locken, dass Mähdrescher oder Traktoren mit ihren verschiedenen Anhängern bestimmt auf den Feldern sind. Einmal hat eine befreundete Bauersfrau den Sohn auf dem Traktor mitfahren lassen. Seitdem braucht er Traktoren in allen Größen und will Bauer werden, wenn er groß ist.
Wie Landwirtschaft früher funktionierte, zeigt das Gerätemuseum in Bergnersreuth bei Arzberg. Am meisten Spaß macht ein Besuch dort mit Omi, die noch aus eigener Erfahrung erzählen kann, wozu welche Geräte gut waren und wie es sich anfühlte, damit zu arbeiten. Das an sich schon sehenswerte Museum lockt im Sommer zusätzlich mit Veranstaltungen, bei denen immer auch an die Kinder gedacht ist. Im Herbst macht das Maislabyrinth auf dem Feld vor der Tür großen Spaß.
Maisfelder zum Versteckenspielen gibt es im Fichtelgebirge ohnehin reichlich. Aber auch die klassischen Getreidesorten kann der Sohn hier noch im lebendigen Zustand kennenlernen. Und wenn sich ein mit Mohn- und Kornblumen durchsetztes Gerstenfeld im Sommerwind wiegt, dann ist auch die Mama wieder mit der Landwirtschaft versöhnt.
F wie Feste
Nicht nur im Gerätemuseum, sondern in absolut jedem Ort im Fichtelgebirge mit mehr als 500 Einwohnern gibt es im Sommer mindestens ein Fest. Meist sind es aber mehrere, und an manchen Wochenenden kann man von einem zum nächsten tingeln. Bürgerfest, Wiesenfest, Burgfest, Porzellanfest, Feuerwehrfest, Jahrmarkt, Altstadtfest – wie auch immer die Volkskulturveranstaltung heißt, eines ist allen gemeinsam: Es gibt dot garantiert leckere fränkische Bratwürste und ebenso leckeres fränkisches Bier.
Freilich sind auf den Festen fast nur Einheimische. Weil sich meist alle kennen, wissen sie auch, wer Tourist ist. So zu tun, als ob man dazugehöre, erübrigt sich also. Aber ein freundliches „Grüß Gott“ statt „Guten Tag“ ist genauso ein Türöffner wie in Spanien ein „Hola“. Gewarnt sei vor der Beschallung im meist obligatorischen Festzelt. Nicht selten dudeln zweifelhafte ‚Alleinunterhalter’ lautstark altbekannte Schunkellieder zum Mitsingen.
Die Mama bevorzugt einen Platz unter freiem Himmel. Dort ist die Musik leiser und sie hat den Sohn im Blick. Das Rahmenprogramm macht Kinder (und damit auch Eltern) glücklich: Mal Hüpfburg, mal Feuerwehrauto zum Mitfahren oder Schlauch mit Pumpe zum Selbstbedienen, mal das komplette Fahrgeschäfteprogramm eines Rummels. Oft sind die Kinderspiele kostenlos. Je kleiner das Fest, desto kleiner kann auch der Geldbeutel sein, der zur Kinderbeglückung nötig ist.
F wie Fichtelgebirge
Das Fichtelgebirge liegt im Nordosten Bayerns, 280 Kilometer von der Landeshauptstadt München und 370 Kilometer von Berlin entfernt. Es ist über die Autobahn A 9 und A93 von Berlin bequem in 3,5 Stunden Fahrzeit zu erreichen.
Der Gebirgszug gleicht einem nach Osten offenen Hufeisen, das sich auf einer Fläche von rund 40 mal 40 Kilometern bis an die tschechische Grenze erstreckt. Der höchste Gipfel ist der 1051 Meter hohe Schneeberg. Erschlossener ist der mit Sesselliften aus verschiedenen Richtungen erreichbare Ochsenkopf (1024 m).
Geologisch überwiegen Granitformationen, die hier und da bizarre Felstürme, -haufen oder –felder bilden. Die Felsen am Wegesrand machen viele Wanderungen für Kinder interessant. Auch kurze Wege werden mitunter mit tollen Ausblicken belohnt, zum Beispiel am Waldstein. Nach der Wanderung erfrischt ein Bad im Weißenstädter See. Nur wenige natürliche Seen bieten Badegelegenheiten mitten in der Natur, doch jedes Städtchen hat ein Schwimmbad.
Zum Radfahren mit Kindern empfehlen sich die weniger steilen Talregionen im Innern des Hufeisens. Überwiegend autofrei geht es zum Beispiel auf gut ausgebauten Radwegen von Wunsiedel bis nach Tschechien. Mountainbiker finden am Ochsenkopf eine beliebte Downhillstrecke. Dort wird derzeit auch eine neue Rodelbahn gebaut.
…und bei schlechtem Wetter kann ich das Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach empfehlen. Erika Fuchs hat Comics ins Deutsche übersetzt und ihr ist das Kunst- und Comicmuseum gewidmet. Schwarzenbach ist nur wenige Kilometer von Wunsiedel entfernt….
Toller Tipp, liebe Katrin! Das Erika-Fuchs-Haus steht schon lange auf unserer Liste, aber wir haben es bis jetzt noch nicht geschafft. Wäre schon toll der Übersetzerin von Donald Duck und Mickey Maus wenigstens posthum einen Besuch abzustatten!
Liebe Grüße