Last Updated on 3. Januar 2022 by Gela
Tempelanlage, Schlangenfarm, Wasserfall, Strand und Sightseeingtour im Tuktuk – passt das alles in einen einzigen Urlaubstag mit Kindern in Kambodscha? Wir fanden dieses Programm perfekt für Sihanoukville. Bei unserer Kreuzfahrt haben wir die kambodschanische Strandmetropole beschnuppert. Doch sie duftet nicht nur, sondern stinkt auch an manchen Plätzen. Selten sind die Meinungen der Kreuzfahrtgäste so gespalten, wie nach dem Tag in Sihanoukville.
Ein perfekter Tag in Sihanoukville (Kambodscha) mit Kindern
Die Aufregung ist groß. Am Abend kreisen die Tischgespräche auf der AIDA ausschließlich um die Tagesausflüge. „Geht gar nicht“, meinen die einen. „Dass die dieses Land überhaupt anlaufen“, meckern andere. „Soviel Armut ist nur schwer zu ertragen“, jammern Dritte. Und die vierten stöhnen: „Dieser Müll überall!“
Jello Biafras Punkhymne „Holiday in Cambodia“ aus den 80er Jahren fällt mir ein. Die Kernaussage (soweit ich sie nach 30 Jahren noch richtig in Erinnerung habe ;-)): Selbst Schuld! Was habt ihr gegen das Elend getan?! Und wessen Müll ist das wohl, der da herumliegt?! Glaubt bloß nicht, dass ihr dem Land und seinen Bewohnern nun helft, indem ihr dort Urlaub macht! Kambodschas Geschichte ist krass und der Westen ist daran nicht unschuldig.
Franzosen, Japaner und Briten knechteten das Land unter ihrer Kolonialherrschaft, die USA bombardierten nicht nur Vietnam, sondern auch den Nachbarn Kambodscha. Aus der Widerstandsbewegung heraus kam schließlich der grausame Diktator Pol Pot an die Macht. Seiner Schreckensherrschaft fielen anderthalb bis zwei Millionen Menschen zum Opfer. Vietnam griff Ende der 70er Jahre ein, doch an den erzwungenen Regimewechsel schloss sich ein weiterer Bürgerkrieg an, bei dem die Großmächte im Hintergrund kräftig mitmischten. Erst mit der Auflösung der Blockstaaten 1991 kehrte auch in Kambodscha Ruhe in der politischen Landschaft ein.
Kambodschas krasse Kontraste
Aber muss ich nun ein schlechtes Gewissen haben, weil ich dort einen Tag Urlaub mache? Habe ich nicht. Ein bisschen dekadent empfinde ich es allerdings, mit dem Kreuzfahrtschiff nach Kambodscha einzureisen. Dennoch kann ich die schockierten Reaktionen einiger Kreuzfahrer wenigstens zum Teil nachvollziehen. Über den Müll in der Tempelanlage und am Wasserfall war ich selbst verwundert – bis ich gelesen habe, dass es schlicht kein Müllentsorgungssystem gibt. Auch bettelnde Kinder finde ich nicht lustig. Fürs Foto bekommen sie trotzdem Geld von uns, denn wir sind schlecht vorbereitet und haben keine Stifte dabei, die wir ihnen stattdessen schenken könnten.
Wir, das sind an diesem Tag nicht nur mein Sohn und ich, sondern dazu eine Familie mit zwei Jungs aus Österreich. Und wir alle sind uns am Ende das Tages einig: Das war ein perfekter Tag in Kambodscha mit Kindern! Auch wenn wir nur die Küstenstadt Sihanoukville gesehen haben. Mehr über die Sehenswürdigkeiten in Kambodscha, allen voran Angkor Wat findet ihr bei Tima im Urlaubsreise-Blog im Beitrag Urlaubsziele in Asien.
Goldene Kuh oder schäbige Ziege?
Obwohl wir Sihanoukville auf eigene Faust erkunden, dürfen wir den Hafen nur im Bus verlassen. Schon dort verhandeln wir mit einem Taxifahrer eine Pauschale für den ganzen Tag. Als die Bustür sich öffnet, empfangen und umwerben uns mindestens 30 weitere Tuktuk- und Taxifahrer. Ich komme mir ein bisschen vor wie die goldene Kuh, die nun gemolken werden soll. Doch selbst in Deutschland gelten Kreuzfahrten ja als etwas sehr Exklusives. Also ist es nicht verwunderlich, dass die Kambodschaner uns alle für Millionäre halten.
Wir sind uns zwar längst noch nicht einig, doch „unser“ Taxifahrer schirmt uns erfolgreich gegen seine Kollegen ab und führt uns zu seinem offenen Taxi. Die drei Jungs sind sofort in das Auto verliebt. Bei 80 Dollar begannen die Verhandlungen. Wir einigen uns schließlich auf 30. Dafür wollen wir Tempel, Schlangenhaus, Sightseeingtour und Strand anfahren. Später nehmen wir noch den Wasserfall ins Programm und legen dafür freiwillig 20 Dollar drauf, weil wir uns schäbig vorkommen, dafür dass wir so hart verhandelt haben.
Sihanoukville in Rot und Gold: Tempel Wat Leu
Die Route bestimmt unser Fahrer. Zuerst geht’s zum buddhistischen Tempel Wat Leu. Der sieht ganz anders aus als die buddhistischen Tempel in Thailand. Die Anlage betreten wir durch eine rote Pforte mit Goldornamenten. Anders als in Bangkok ist sie nicht von hohen Mauern umgeben, sondern von einer roten Balustrade, in der sich das Symbol des achtspeichigen Rads wiederholt. Rechts erstrahlt das Tempelgebäude in Goldornamenten auf Rot- und Grüntönen an Fenstern, Türen und dem Dach, das – wiederum anders als in Bangkok – eine Spitze trägt. Leicht nach links versetzt liegt ein einfarbiges Wohnhaus mit prachtvollen Balustraden und bröckelndem Putz. Kahlgeschorene Novizen in orangefarbenen Gewändern kommen die Außentreppe herab. Sie scheinen die Touristen nicht zu bemerken.
Dafür heften sich zwei Mädchen an unsere Fersen. Sie verkaufen Karten mit Bildern von Tieren. Natürlich wollen die Jungs welche. Also suchen wir welche aus, zahlen einen Dollar und machen auch noch ein Foto mit den Mädchen. Doch sie weichen auch danach nicht von unserer Seite. Leicht sarkastisch aber treffend kommentiert die Mama der beiden anderen Jungs ihre Anhänglichkeit: „Hier hast du eine Adoption wahrscheinlich schnell klargemacht.“
Das Wohnhaus der Novizen schirmt eine Art Friedhof ab. Die große Fläche voll von prachtvollen Schreinen oder Altären ist jedoch halb verwildert und zur anderen Hälfte total vermüllt, so dass wir sie gar nicht weiter erkunden. Stattdessen wenden wir uns nach rechts und entdecken hinter dem ersten Tempelgebäude verschiedene, mannshohe goldene Szenen aus Buddhas Leben unter Baldachinen – in Rot natürlich. Ein Meditationssaal mit einem Bilderroman an der Decke schließt das Gelände nach Süden hin ab. In die Deckengemälde könnte ich mich stundenlang vertiefen – schon klar, dass dafür keine Zeit ist.
Sihanoukville tierisch: Snake House
Stattdessen lassen wir die beiden Mädchen stehen und fahren mit unserem Taxi zum Snake House. Nach der Schlangenfarm in Bangkok ist das Schlangenhaus von Sihanoukville eher enttäuschend. Das Gelände wirkt ein bisschen trostlos, und über die Tierhaltung sage ich lieber nichts. Immerhin lässt die Bepflanzung das natürliche Lebensumfeld der Tiere erahnen, und es gibt sehr viel mehr als Schlangen. Gleich am Eingang begrüßen uns Papageien und Schildkröten. In der Mitte des quadratisch angelegten Rundgangs nehmen jede Menge Krokodile viel Platz ein. Die insgesamt eher kleine Anlage ist nicht besonders voll. Wir treffen kaum andere Touristen. Nach einer knappen Stunde hat sich das Schlangenhaus dennoch erschöpft. Wir steigen wieder in unser Taxi-Tuktuk und fahren weiter zum Wasserfall.
Mit Kindern in Kambodscha zum Wasserfall
Eine gute halbe Stunde dauert die Fahrt zu Wasserfall Kbal Chhai, und sie wird kein bisschen langweilig. Wir staunen über fast jedes andere Fahrzeug. Manchmal wundern wir uns nur, warum es noch nicht auseinandergefallen ist, dann wieder fragen wir uns, wie der Papa außer der Mama mit Baby im Tragetuch auf dem Rücken auch noch ein weiteres Kind und Baumaterial auf seinem Moped transportieren kann.
Zwischendurch fahren wir an stinkenden Tankstellen vorbei und hoffen, dass keiner ein Streichholz in der Nähe entfacht. Wir sehen den schiebenden Topfhändler mit seinem Karren und lachende Kinder zwischen Bretterbuden und Wellblechhütten, aber auch dass es mit Sihanoukville aufwärts geht: Am Stadtrand werden schicke, moderne Wohnhäuser hochgezogen.
Dann biegen wir nach links auf eine breite rote Staubpiste ein und fahren fast ohne weiteren Verkehr durch den Urwald. Wir kommen an einem großen See vorbei und halten schließlich an einer Ansammlung von offenen Hütten. In manchen hängen Hängematten, die wir mieten könnten, doch auch dafür fehlt natürlich die Zeit. In anderen stehen Erfrischungen und Souvenirs zum Verkauf. Mädchen bieten uns Blumenkränze an.
Am Wasserfall selbst sehen wir viele Asiatinnen mit Blumenkränzen in den Haaren, dafür kaum westliche Touristen. Wir kommen kurz vor Ende der Trockenzeit. Entsprechend dünn ist der Wasserfall. Schön ist die Landschaft trotzdem. Sie hat etwas ungemein Entspannendes. Sogar der entdeckungsfreudige unterwegsmitkind-Sohn übt sich im Probeliegen in einer der Hängematten.
Doch langsam nagt der Hunger, deshalb decken wir uns an den Ständen am Eingang zum Gelände mit fritierten Bananenbällchen ein, die wir auf der langen Fahrt zum Strand im Süden der Stadt genüsslich verspeisen.
Der beste Strand mit Kindern in Kambodscha
Zugegeben: Ich kenne nur diesen einen Strand in Kambodscha. Aber der ist so schön und hat einfach alles, was Familien mit Kindern in Kambodscha am Strand brauchen. Also warum weiter suchen?! Der Otres Beach südlich von Sihanoukville ist schlicht ein Traum! Blendend weißer Sand mit schattenspendenden Bäumen, türkisfarbenes, flach abfallendes Wasser mit leichten Wellen – weit und breit keine Menschen. Es ist schon fast zu einsam.
Etwa einen Kilometer fahren wir an dem einsamen unbebauten, aber gut gepflegten Strand entlang, bevor wir zu einer kleinen Straßensiedlung mit einfachen Hotels kommen. Hier sind die Kite-Surfer zuhause. Junge Traveller und graugewordene Freaks fliegen hier mit den Kites über das Wasser und lassen sich anschließend auf den großflächigen Futon-Liegen der einfachen Strandhotels massieren. Wir sitzen daneben im Sand und genießen frisches Obst, das uns eine der fliegenden Händlerinnen in mundgerechte Stücke schneidet.
Die Jungs sind in ihrem Element. Sand und Meer nach Lust und Laune. Sie bauen und planschen, bespritzen sich mit Wasser, bewerfen sich mit Sand. Zur großen Freunde des unterwegsmitkind-Sohnes leiht der Papa der anderen Jungs einen Wasserscooter aus und nimmt ihn mit. In diesem Moment sind Elend, Armut und Dreck genauso weit weg wie die Welt der Kreuzfahrer. Wir könnten einfach für immer da bleiben, genau an diesem Strand, in einem der kleinen Bungalows des Hotels neben uns…
Doch wieder drängt die Zeit, denn unser Schiff legt am Abend wieder ab. Die Stadtrundfahrt auf dem Rückweg zum Hafen kürzen wir ab, nachdem wir an einem Park noch Affen und die berühmte Löwenstatue gesehen haben. Alle drei Jungs sind eingeschlafen und lächeln im Traum engelsgleich.
Hey Gela,
ich plane nächstes Jahr mit meiner Tochter Josephine (6J) eine 4-monatige Südostasienreise.
Welche Länder, bzw. Routen kannst Du empfehlen? Und wie reist man am besten Vorort?
Ich war bereits als Single einige Male in Asien und nun möchte ich es gern meiner Tochter zeigen…
Hatte an Myanmar, Thailand, Kambodscha, Laos & Vietnam gedacht…oder vielleicht Malaysien?!
Freue mich sehr über jegliche Tipps & Reiserouten.
LG Sabrina
P.S. Dein Buch habe ich soeben erhalten 😉
Hallo liebe Sabrina,
Tolle Pläne hast du! Aber ich muss ehrlich gestehen: Es gibt viele Leute, die sich Südostasien besser auskennen als ich – wahrscheinlich auch du. Denn mein Schwerpunkt lag immer eher auf Lateinamerika. Ich denke, dass Malaysia leichter zu bereisen ist als Myanmar. Wenn du günstig herumkommen willst, bist du mit Zügen ganz gut beraten. Aber bei so einem großen Gebiet geht es kaum ohne Flüge. Bali hast du ausgeklammert? Da fahren sonst immer alle hin. 😉
Erstmal gute Lektüre! Ich hoffe, du findest einige nützliche Tipps und Infos. Und vielleicht dampfst du die Tour ja auch noch ein.
Liebe Grüße
Gela
hey 🙂
kambodscha ist ja auch wirklich ein Traum. Ich war Anfang diesen Jahres 3 Monate in Vietnam unterwegs und jetzt hat mich das Reisefieber gepackt. Ich denke im August geht es für mich dann auch nach Kambodscha.
Find auch super, dass ihr mit den Kindern reisen könnt, dass habe ich dann auch vor wenn bei mir die ersten Kinder da sind. Aber das dauert sicher noch das ein oder andere Jahr 🙂
Liebe Grüße Daidi